Fanclub „Fanatics 2003“ in der Homestory
Jeder kennt sie, (fast) jeder liebt sie. In der gesamten Oberliga Süd dürften sie wohl einer der schillerndsten, polarisierendsten und lautesten Fanclubs sein. Sonst sind es Daniel Grönke (bekannt als „Jerry“) und Co., die unsere Spieler auf dem Eis anheizen und lautstark zum Sieg trommeln.
Bei unserer ersten Homestory der neuen Saison 2020/21 sollten sie selbst in den Mittelpunkt rücken: die „Fanatics“.
So trafen wir uns also an einem Freitagnachmittag im Garten der Tennerts (Christine und Dominik) zum Ententalk.
Die „Fanatics“ gehören mittlerweile eher zu den älteren Fanclubs der Selber Wölfe und so interessierte uns eingangs, wie dieser eigentlich zustande gekommen ist.
Die Fanszene war nicht mehr das, was sie früher einmal war
Andreas Herrmann, besser bekannt als „Hoerman“, erinnert sich:
Es gab ja damals schon die sogenannten ´verrückten Wölfe´. Allerdings war die Fanszene zu dieser Zeit in Selb zerstritten, jeder hat sein eigenes Ding gemacht. Die Stimmung war im Keller, der Fanblock war nicht mehr das, was er die Jahre zuvor war. Irgendwann haben sich ein paar Leute zusammengeschlossen, die das Ganze in die Hand nehmen und etwas ändern wollten. Die ersten Gespräche für die ´Fanatics´ sind 2003 geführt worden und der Fanclub wurde gegründet.
Wer in Selb und Umgebung unterwegs ist, der kennt es, das markante „Duckface“ mit den roten Augen, denn man hat es garantiert schon am ein oder anderen Laternenpfosten in Stickerform, als Auto-Aufkleber oder sogar als Tattoo für die ganz Harten gesehen.
Wer allerdings den tieferen Sinn hinter dem watschelnden Federvieh sucht, den müssen wir enttäuschen, denn es gibt schlicht keinen. Hoerman:
Es war zur damaligen Zeit einfach üblich, eine Comic-Figur zu verwenden –bei uns war´s eben die Ente.
Jerry:
Es war damals egal, ob das nun eine Ente oder irgendwas anderes ist. Erst die letzten Jahre haben wir angefangen, mit dem Logo zu spielen und unsere Posts beispielsweise aus ´Entenhausen´ zu verfassen.
Sinn hin oder her – eines ist klar: die Ente kommt ganz schön rum in einer Saison, oder? Jerry:
Naja, das hat schon nachgelassen in den letzten Jahren. Früher waren wir zu jedem Auswärtsspiel unterwegs, aber jetzt haben die meisten von uns Kinder und man wird ruhiger …
Jede Auswärtsfahrt hat ihre Tücken
Dass die Auswärtsfahrten der „Fanatics“ legendär und definitiv unvergesslich sind, ist allgemein bekannt. Trotzdem stellten wir die Frage, was denn die bisher herausragendsten Erlebnisse waren – und ernteten dafür allgemeines Gelächter. Schnell stellten wir fest, dass wir wohl eher nach „normalen Momenten“ hätten fragen sollen. So müsse man auf Enten-Fahrten damit rechnen, dass jemand eine halbe Stunde lang versucht, die Toilettentüre zu öffnen, andererseits aber auch während der Fahrt plötzlich alle Bustüren aufgehen. Oder, dass man gar nicht mehr dazu kommt, in den Bus zu steigen … Jerry:
Ich wurde schon in Schönheide von meinem eigenen Fanbus stehen gelassen. Und es gibt Leute außerhalb unseres Clubs, die einmal mit uns auswärts waren und das garantiert nicht noch einmal tun werden.
Bei all den verrückten Stories, die wir übrigens rigoros zensieren mussten, stellte sich uns die Frage, wie viele Mitglieder denn nun diesem Fanclub angehören – und was das so für Typen sind. Nadine Grönke:
Wir haben alles dabei, jeden Charakter, jeden Beruf …
und mit einem Zwinkern ergänzt sie:
Zumindest kann man sagen, dass wir alle eine Wohnung haben.
Jerry, schmunzelnd:
Wir haben sogar ein Mitglied zum Ehrenmitglied befördert, weil er nie seinen Beitrag bezahlt hat. Sonst passiert das ja eher andersrum.
Inzwischen umfasst der Club stolze 58 Mitglieder.
It´s definitiv „more than a feeling“
Eigene Fangesänge, riesige Fahnen, vielsagende Banner: Die „Fanatics“ schaffen es immer wieder, Gänsehautfeeling ins Stadion zu bringen und die Zuschauer mitzureißen. Viel Herzblut steckt in den Choreos, die die Mitglieder in einer eigens dafür eingerichteten Whatsapp-Gruppe lange im Voraus planen. Dominik Tennert:
Grundideen werden erst einmal in unserer Vorstandsgruppe namens ´Erna´ gesammelt. In der sogenannten ´Choreo-Gruppe´ findet sich dann der etwas härtere Kern zusammen und diskutiert das Ganze. Vorm eigentlichen Event probieren wir die Umsetzung im Stadion aus.
Besonders vorbildlich: Sogar das Thema Nachhaltigkeit wird bei den Fanatics großgeschrieben. Nadine Grönke:
Wir versuchen, Reste von vergangenen Choreos in irgendeiner Art und Weise wieder zu verwenden. Wir werden auch immer mal von Leuten angeschrieben, ob wir Tapetenreste oder ähnliches brauchen können. Das lagern wir dann im Keller ein und machen was daraus.
Das alles klingt nach ziemlich viel Aufwand, der sich lohnt – denn wer schon mal eine „Fanatics-Choreo“ live erlebt hat, der weiß, dass diese Truppe ihrem Slogan „it´s more than a feeling“ mehr als gerecht wird. Aber trotz aller Vorbereitung – auch die „Fanatics“ sind vor Pleiten, Pech und Pannen nicht immer gefeit.
Jerry:
Unser Mitglied Fichte sollte einen Zug auf ein Banner malen und hat sich wirklich Mühe gegeben. Er hat vorher alles genau ausgemessen – und am Ende hat trotzdem ein Fenster im Wagon gefehlt. Dieser Zug mit dem fehlenden Fenster sollte dann bei der Choreo über den Fanblock in Richtung eines DEL2-Logos fahren. Leider hatte der, der das Logo halten sollte, irgendwann keine Lust mehr. Und dann ging auch noch das Licht aus.
Mysteriöse Glaskugel – oder doch nur gute Recherche!?
Kurz vor Schluss lenkten wir das Thema dann doch noch auf das Wesentliche, nämlich aufs Eishockey. Wer noch vor offiziellen Pressemitteilungen gerne mal in der Gerüchteküche kocht, der sollte immer mal den Facebook- und Insta-Posts der Enten folgen. Auch wenn die Vermutungen sich nicht immer zu 100 % bestätigen – unterhaltsam sind die Beiträge allemal. Und ab und zu fragt man sich als Außenstehender doch, wo die „Fanatics“ ihre Glaskugel versteckt halten. Oder vielmehr, wer denn so viel Zeit in detaillierte Insider-Recherchen investiert. Doch eine Frage interessierte uns bei diesem Interview brennend: Was wäre wohl DER Transferwunsch der „Fanatics“ für die neue Saison?
Nach einem kurzen Stimmengewirr, bei dem Namen wie Hechtl, Martell (in jung) und Leon Draisaitl fielen, waren sich die „Fanatics“ am Ende einig: Frank Hördler würde wohl jeder gerne über das Eis in der NETZSCH-Arena kurven sehen – quasi zum Ausklang seiner erfolgreichen Karriere.
Abschließend wollten wir wissen, welche Wünsche und Anregungen den „Fanatics“ noch unter den Fingern brennen. Christine Tennert:
Ein eigener ´Fanatics-Fanblock´ inklusive Sofa, denn unser Hoerman ist ja nicht mehr der Jüngste.
Und Nico Bergauer fügt hinzu:
Eine eigene Fan-Kollektion im VER-Fanshop, das wär´s.
Fotos: Mario Wiedel und Fanatics