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† Jaroslav Hauer 09287 87607

Montagabend, Tatort Erkersreuth. Unser heutiges Objekt: die lebende Zielscheibe, Niklas Deske. Er selbst bezeichnet sich als sehr disziplinierten Menschen mit ausgeprägtem Ordnungssinn. Das können wir absolut unterschreiben und fügen noch hinzu, dass er nicht nur zwischen den Torpfosten, sondern auch am Herd ein echter Profi ist.

Dass er sich statt der Karriere als Koch dann doch lieber fürs Eis entschieden hat, wird spätestens beim Blick hinter die Kulissen seiner Familie klar: „Wenn man mal schaut, wer bei uns in der Familie alles Eishockey spielt oder gespielt hat, dann erübrigt sich die Frage. Mein großer Bruder spielt, mein Vater und meine beiden Onkels haben gespielt – und ich glaube, sogar mein Opa. Man könnte sagen, es war mir einfach schon in die Wiege gelegt.“

Kochender Überflieger mit Hang zum Puck

Dabei gab es durchaus auch den ein oder anderen Kindheitstraum, der so gar nichts mit Schlittschuhen und Pucks zu tun hatte:

„Wenn ich kein Eishockey-Profi geworden wäre, dann wäre ich heute vermutlich Pilot – das war immer mein Traum. Ich habe als Kind dauernd mit Flugzeugen gespielt und hatte schon immer eine Faszination dafür. Ein Freund meines Vaters hat auch auf dem Flughafen gearbeitet und mir immer Spielzeug mitgebracht.“

Dass er sich letztendlich weder für den Kochlöffel, noch für einen Platz über den Wolken, sondern fürs Eisstadion entschieden hat, verdanken wir einem seiner Vorbilder: Seinem Vater, der übrigens erst mit 18 Jahren seine Hockey-Leidenschaft entdeckt hatte und es dennoch in die zweite Liga geschafft hat.

Als Eishockey-Profi ist man gefühlt nirgends zuhause und immer wieder auf dem Sprung – für Niklas Deske kein Problem:

„Ich bin ein Weltenbummler und habe die letzten Jahre in verschiedenen Städten gelebt. Das bin ich gewohnt, das ist Teil meines Berufes. Das Gute daran ist: Man kommt immer wieder in eine große Familie aus neuen Spielern und fühlt sich jedes Mal wieder heimisch. In Hannover habe ich Freundschaften geschlossen, die bis heute bestehen. Die schönste Stadt war aber bisher Hamburg.“

Mit einem Zwinkern ergänzt er:

„Natürlich nur ganz knapp vor Selb.“

Das kann auch mal ins Auge gehen…

In Selb ist Niklas nun seit letzter Saison. Und auch wenn Selb nicht der Nabel der Welt ist, hat er sich hier perfekt eingelebt.

„Der Verein ist sehr familiär, das gefällt mir. Ich kannte Henry schon als Trainer und wusste demnach schon, dass er viel Wert auf Menschlichkeit legt. Das ist eine Sache, die mir selbst viel bedeutet. Auch sonst passen alle im Verein: Ob das Ärzte oder Physiotherapeuten sind – das ganze Team, von dem man als Außenstehender nicht so viel mitbekommt, ist einfach top. Unser Mannschaftsarzt hat ja eigentlich unabhängig vom Verein schon einen Full-Time-Job. Aber wenn man ihn anruft hat man nie das Gefühl, dass er gestresst ist und man kann sofort zu ihm. Das ist echt bemerkenswert.“

Dass man als Eishockey-Spieler ab und zu einen guten Arzt braucht, diese Erfahrung durfte er schon recht früh machen:

„Ich glaube, ich war damals sechs oder sieben Jahre alt, mein Bruder Marvin demnach acht oder neun. Unser Vater war zu der Zeit Trainer der ersten Mannschaft in unserem Verein. Da er noch Training hatte und wir schon fertig waren, haben wir draußen ein bisschen rum gezockt. Ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen: Wir hatten Hockeyschläger in der Hand und mein cooler großer Bruder wollte natürlich testen, wie hoch er den Puck damit schießen kann und feuerte mir das Teil mitten ins Auge. Aber hey, ich habe nicht geweint – das nur mal so als Randnotiz. Dafür habe ich Lob von allen Seiten bekommen, auch vom Arzt. Blöd war nur, dass am nächsten Tag das Klassenfoto auf dem Plan stand und ich da mit meinem blauen Auge antreten musste. In der ersten Klasse! Und alle dachten nur ´ah, okay, der spielt halt Eishockey´. Übrigens: Die Klassenfotos unserer ersten Schuljahre hängen alle noch bei unserer Oma und ich glaube, da ist keins dabei, auf dem bei uns nicht irgendwas im Gesicht rumhängt.“

Brüder im Herzen, Rivalen auf dem Eis

Auch wenn er seinem Bruder die „Puck-(D)Eskalation“ nicht mehr übelnimmt – ein kleiner Funken Rivalität ist bis heute geblieben:

„Es freut mich immer, gegen meinen Bruder spielen zu dürfen. So sehe ich ihn wenigstens mal wieder. Etwa eine Woche vor dem Spiel beginnt zwischen uns schon der Trash-Talk, mit dem wir uns gegenseitig anstacheln und hochschaukeln – während des Spiels ruht das natürlich. Danach freue ich mich auf den Moment, wenn ich ihn brüderlich in den Arm nehmen kann. Mit drei Punkten in der Tasche“

(lacht).

Gegen seinen älteren Bruder zu verlieren, kam für Niklas Deske übrigens noch nie infrage:

„Schon als Kind habe ich immer die Playstation einfach ausgemacht, wenn ich gegen Marvin am Verlieren war. Egal ob das Spiel vorbei war oder noch nicht.“

Der feste Wille, das Spiel zu gewinnen, ist nach vielen Jahren auf dem Eis immer noch da, auch wenn es nicht immer klappen kann. Wichtig ist ihm heute allerdings, dem Gegner Respekt zu zollen, wenn man verloren hat.

„Er war in dem Moment einfach besser, das muss man akzeptieren.“

14 schafft ihr heute nicht, Jungs

Niederlagen müssen verkraftet werden, egal wie hart sie auch einschlagen. Und manchmal steckt im größten Rückschlag auch eine großartige Chance, sich weiterzuentwickeln:

„Zum Thema Niederlagen fällt mir spontan ein Spiel ein, an das ich mich mittlerweile sogar ganz gerne erinnere. Damals habe ich für Crimmitschau gegen Kassel gespielt. Wir haben 14:2 verloren! Ich weiß noch, wie down ich danach war. Jetzt, drei Jahre später, bin ich so dankbar für diese Erfahrung. Denn wenn ich jetzt mal drei oder vier Gegentore bekomme, denke ich nur ´okay Jungs, die 14 schafft ihr heute nicht´. Das hat mich geprägt. Aus Niederlagen lernst du mehr als aus Siegen. Du musst nur immer wieder aufstehen.“

Trotzdem versucht Niklas, bestens vorbereitet und fit in jeden Spieltag zu starten und hat seine eigene Strategie dafür:

„Ich bin der Meinung, der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Deshalb schaue ich, dass ich jeden Spieltag gleich angehe. Je nachdem, wann das Spiel los geht, stehe ich zur selben Uhrzeit auf und esse auch zur selben Zeit. Es gibt dann entweder Reis-Quinoa-Pfanne oder Dinkel-Vollkorn-Nudeln mit Rinder-Bolognese – je nachdem, ob wir zuhause oder auswärts spielen. So kann sich mein Körper perfekt auf das Ganze einstellen und checkt bestenfalls so gegen 17 Uhr ´okay, ich glaube, heute ist wieder so ein Eishockeyspiel´. Da versuche ich schon, professionell ran zu gehen und eine gewisse Routine an den Tag zu legen. Nervös bin ich aber trotz der guten Vorbereitung und der Routine immer – vor jedem Spiel. Das wird sich nie ändern. Aber das hat auch etwas Gutes, denn ich freue mich ja darauf. Ist nicht so, dass ich Angst davor habe.“

Zocken bis der Sandmann kommt

Auch wenn Eishockey seine Leidenschaft ist, gibt es noch eine Zeit außerhalb des Stadions, die der 24-Jährige im wahrsten Sinne des Wortes ordentlich nutzt:

„Wie ihr seht, koche ich sehr gerne und auch ganz passabel. Ich lege schon viel Wert auf gesundes Essen. Ansonsten bin ich hier viel am Aufräumen. Denn wenn in meiner Wohnung irgendwas nicht richtig steht oder hängt, muss ich das gleich korrigieren. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen extrem, aber so ist das eben. Ansonsten gehe ich ins Fitnessstudio und beschäftige mich viel mit Eishockey im Allgemeinen. Mit ein paar Jungs aus verschiedenen Vereinen treffe ich mich abends ab und zu über die Playstation zum NHL-zocken. Da spielt dann natürlich jeder auf seiner Position und manchmal geht es dabei gefühlt ernster zu als beim echten Spiel. Da geht´s richtig heiß her! Aber natürlich nur bis zur Schlafenszeit. Also wenn der Sandmann kommt, dann ist auch die Playstation aus. Ehrlich.“

Danke Niklas, für den lockeren Abend, das hervorragende Essen und das tolle Interview. Bevor heute der Sandmann kommt, darfst du uns noch die ein oder andere Fan-Frage beantworten…

Wie fühlt man sich als Goalie, wenn der Puck auf einen zufliegt oder man einfach umgefahren wird?

Man sagt nicht umsonst, dass Torhüter alle bekloppt sind und ich würde das auch direkt so unterschreiben. Ich meine… man steht da und lässt sich freiwillig abschießen. Aber ich habe Spaß daran und habe mich ja auch selbst dafür entschieden. Klar ist das nicht immer angenehm, wenn dir der Puck um die Ohren fliegt oder du einfach mal über den Haufen gefahren wirst. Aber das ist eben Teil des Jobs und man ist ja gut geschützt.

Ihr habt aktuell einige Ausfälle in der Mannschaft. Macht es die Sache schwieriger für euch? Wie geht ihr damit um?

Es ist immer schwierig, wenn einige Leute fehlen. Aber dann rücken wir als Mannschaft einfach näher zusammen. Das ist für uns eine neue und wichtige Erfahrung. Gerade zuletzt gegen Rosenheim haben wir gezeigt, dass wir als Mannschaft, zusammen mit den Fans und allen die dazugehören echt was erreichen können. Das Stadion war an diesem Abend lauter als manches Mal in den Playoffs. Das hat richtig Spaß gemacht und hat bei jedem von uns noch ein paar Prozent rausgeholt. Das ist übrigens immer so: Wenn das Stadion bebt, die Fans brüllen und du 10 Minuten vor Spielende auf die Uhr schaust, dann merkst du, wie dein Körper nochmal richtig Adrenalin ins Blut pumpt. Dein Herz klopft, du bist hoch konzentriert und hellwach. Das pusht einen echt enorm!

Man könnte sagen, du bist mittlerweile zum Publikumsliebling geworden. Wie fühlst du dich, wenn du nach dem Spiel so gefeiert wirst?

Ich freue mich über einen Sieg, aber ich brauche erst mal eine Zeit lang, um ihn wirklich zu realisieren. Das ist ungefähr so wie in einer Schockstarre. Da stehst du nach dem Spiel ganz alleine auf dem Eis und wirst gefeiert, obwohl du die Leistung nicht alleine erbracht hast. Da sind den ganzen Tag über so viele Leute daran beteiligt, die irgendwas freiwillig für den Verein gemacht haben. Am Ende bin ich auch nur ein kleiner Teil des großen Ganzen.

 

Interview: Karin Bayer

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